02. Funktionen der Stimmbänder

Die Stimmbänder haben zwei primäre Funktionen:

1 Ventilfunktionen

2 Phonationsfunktion

Diese zwei Funktionen sind gleich wichtig; genauer gesagt, sie sind beide essentiell um als Mensch überleben zu können. In der Vocal Core™ Methode werden sie somit ‘Instinkte’ genannt.

2.1 Die Ventilfunktion

Die Ventilfunktion ist wesentlich beim Schlucken. Der Kehlkopf geht nach oben, der Kehldeckel verschließt die Atemwege und sorgt auf diese Weise dafür, dass Nahrung und Flüssigkeit nicht in die Luftröhre, sondern in die Speiseröhre gelangen.

(Abb. 3.1 Funktion des Kehldeckels)

Beim Schlucken schließen sich auch die Stimmbänder, quasi als zusätzliches Schloss an der Tür. Dies ist eine essentielle Funktion, reflexartig, denn kommt Nahrung oder Flüssigkeit in die Luftröhre, so kann man ersticken.

(Abb. 3.2 Funktion des Kehldeckels)
(video 3 Instinktiver Verschluss der Stimmlippen)

Dieser Verschluss der Stimmbänder wird außerdem dazu benutzt, zusätzlich Druck auszuüben. Schaut man sich zum Beispiel ein Tennisspiel an, so hört man die Spieler bei einem harten Schlag oft stöhnen.

Der Spieler verschließt in dem Moment die Stimmlippen und erzeugt damit für diesen Schlag Druck und zusätzliche Kraft. Auch die falschen Stimmlippen schließen sich und unterstützen damit die Stimmlippen beim Verschluss. Forschung hat gezeigt, dass ein Mensch bis 17% mehr Muskelkraft entwickeln kann, indem er die Stimmlippen aktiv schließt.

Abb. 23 Kehlkopf Querdurchschnitt
(abb 4, Querdurchschnitt des Kehlkopfs)

Übungen zur ‘Ventilfunktion’  

2.2 Die Phonationsfunktion

Als Phonation bezeichnet man die Stimmerzeugung im Kehlkopf: die Stimmbänder werden durch die Luftströmung in Schwingung versetzt und es entstehen Laute. Das erste, was ein Baby nach der Geburt macht, ist Laute erzeugen (weinen), damit die Mutter weiß, dass es kalt ist, Angst oder Hunger hat. Diese Phonationsfunktion ist vorläufig die einzige Weise, auf die ein Baby kommunizieren kann und sorgt dafür, dass es überlebt. Man denke zum Beispiel auch an frisch geschlüpfte Vögel im Nest: der Vogel, der am lautesten piepst, bekommt das Würmchen, der Vogel, der am leisesten piepst, überlebt wahrscheinlich nicht.

Sowohl die Ventil- als auch die Phonationsfunktion sind also ganz wichtig für uns. Wenn wir diese Funktionen gleichzeitig benutzen, ergibt das eine spezifische gequetschte Klangfarbe. Diese Klangfarbe wird in Popmusik, Musical und Jazz öfter benutzt.

Das gleichzeitig benutzen dieser beiden Funktionen, also das Quetschen der Stimmbänder beim Singen, kann zu vokalen Problemen führen. Benutzt man sie aber klug, ist dies nicht schädlich. Ich erkläre unten, was ich hiermit meine.

Jeder Ton besteht aus einer Anzahl Schwingungen pro Sekunde. Je tiefer der Ton, um so weniger Schwingungen pro Sekunde; je höher der Ton, um so mehr Schwingungen pro Sekunde. Beim Singen eines As4 schlagen die Stimmlippen 415,3 Mal pro Sekunde aneinander. Beim Singen eines A4 (ein halber Ton höher) schon 440 Mal pro Sekunde.

Tonhöhe in Bezug auf die Anzahl Schwingungen der Stimmlippen pro Sekunde (Herz)
(afb. 5 tabel Herz)

Blau = Übergangspunkt* Männer
Rosa = Übergangspunkt* Frauen

Benutzt man beim Singen von höheren Tönen auch die Ventil-/Verschlussfunktion, so wird das Singen höherer Töne immer schwieriger und sogar unmöglich. Weil man die Stimmlippen dann aufeinander presst, sind diese nicht mehr imstande, so viele Male pro Sekunde zu schwingen und das Singen von hohen Tönen wird also unmöglich.
Dieses vokale Problem ergibt sich rund um den Übergangspunkt*, vor allem aber in den höheren Frequenzen. Zur Verdeutlichung: dieser Punkt wird in anderen Methoden als ‘Bruch’ in der Stimme bezeichnet.

* Der Übergangspunkt ist jener Ton, bei dem der Kehlkopf nach oben steigt, damit der neutrale Ton weiter erzeugt und höhere Töne leichter gesungen werden können. Dieser Übergangspunkt ist bei jedem Sänger unterschiedlich, wird aber immer um diese Töne herum liegen (Schwingungen pro Sekunde). Nähere Informationen über den Übergangspunkt sind hier zu finden.

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